Wien (OTS) – GRin Sabine Keri (ÖVP) kritisierte die ihrer Ansicht
nach
„schwammigen Begrifflichkeiten“ in der vorgestellten Strategie. Auf
41 Seiten werde zwar ausführlich über Mitwirkung, Beteiligung und die
von der Stadt angebotenen Instrumente gesprochen, doch fehle es –
ähnlich wie bei der Jugendstrategie – an „messbaren Zielen“. Dadurch
werde man nie erfahren, ob die Strategie tatsächlich erfolgreich sei.
Keri bemängelte zudem, dass bei Themen wie Petitionen die „nächsten
Schritte“ fehlten. Aufgabe der Politik sei es, alle Bürger*innen zu
hören – nicht erst dann, wenn eine Petition mit 500 Unterschriften
eingereicht werde, bemängelte Keri. Viele Menschen seien enttäuscht,
weil sie keine Antworten erhielten. Der Petitionsausschuss sei aus
ihrer Sicht ein „zahnloses Gremium“, da niemand verpflichtet sei,
dessen Empfehlungen umzusetzen. Als Beispiel nannte Keri die
Straßenbahnlinie 18, die zeige, „wie Bürgerbeteiligung nicht
funktioniert“. Die Betroffenen hätten nur zufällig von den Änderungen
erfahren; echte Partizipation hätte frühzeitig informiert. Keri
kritisierte, dass man zwar in der Demokratiestudie von Beteiligung
spreche, tatsächlich aber kaum „auf Augenhöhe mit den Wiener*innen“
arbeite. Sie forderte „ein bisschen mehr Mut“, da Beteiligung zwar
häufig vorkomme, Mitbestimmung jedoch kaum. „Man darf ein bisschen
mitspielen, aber nicht mitbestimmen“, so die ÖVP-Gemeinderätin. Ein
weiteres Negativbeispiel sah Keri in der Praterstraße. Bereits 2017
habe es dort ein Beteiligungsverfahren gegeben, bei dem die Menschen
keinen „Radhighway“ wollten – „und was haben sie bekommen?“ fragte
Keri rhetorisch. Man müsse den Bürger*innen mehr zutrauen, verlangte
die Mandatarin. Es gebe zahlreiche wissenschaftliche Ansätze, wie
Partizipation besser funktionieren könne, die man als Vorlage hätte
nutzen können. Offenbar sei das aber nicht gewollt gewesen. In einem
Punkt zeigte sich Keri einig mit den Regierungsparteien: Demokratie
müsse gelehrt werden. Junge Menschen sollten verstehen, dass sie ein
hohes Gut und ein Wert sei. Ihre Partei werde daher einen Antrag zur
Demokratiebildung einbringen, kündigte sie an.
GR Thomas Weber (NEOS) betonte, dass „Demokratie keine
Selbstverständlichkeit“ sei. Sie sei immer dann stark, wenn man sie
aktiv lebe, und werde schwach, wenn man sie der Gleichgültigkeit
überlasse. Ein Blick auf die Welt gebe Anlass zur Sorge: Laut Weber
lebe derzeit nur jeder vierte Mensch in einer Demokratie, was eine
besorgniserregende globale Entwicklung darstelle. In einer Demokratie
trage man große Verantwortung und müsse sich aktiv einbringen, so der
NEOS-Mandatar. Demokratie sterbe nicht durch Angriffe von außen,
sondern vor allem „durch Schweigen und Zurücklehnen“, sagte er. Daher
sei der Beschluss der vorliegenden Strategie besonders wichtig, weil
damit die Demokratie in den Mittelpunkt der politischen Debatte
gerückt werde. Es handle sich um ein gemeinsames Bekenntnis und eine
Verantwortung aller, der ein langer und intensiver Prozess
vorausgegangen sei. Weber erklärte, Ziel der Strategie sei es,
gesellschaftliche Herausforderungen wie den Ausschluss bestimmter
Gruppen aufgrund von Bildung, Einkommen oder Gesundheitszustand
sichtbar zu machen. Besonders hob er die Bedeutung der Bildung
hervor. Demokratie müsse auch im Lehrplan verankert werden, forderte
der Gemeinderat, da Werte bereits in der Schule vermittelt werden
sollten. Das trage seiner Ansicht nach auch zu einer besseren
Integration bei. „Demokratie müsse in alle Schulklassen gebracht
werden“, sagte Weber. Abschließend kündigte der NEOS-Gemeinderat an,
dass mithilfe eines Demokratiemonitors künftig auch überprüfbar
werde, ob die gesteckten Ziele erreicht würden. Für die Mitarbeit in
der Entstehung der Strategie bedankte sich Weber bei allen
Beteiligten.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) kündigte die Zustimmung ihrer
Fraktion zur vorliegenden Strategie an, da diese „grundsätzlich als
sinnvoll“ erachtetet werde. Eine beschlossene Strategie – auch wenn
sie in Teilen wenig konkret sei – sei ihrer Ansicht nach besser als
eine, die auf einer weniger breiten Basis stehe. Zudem spielten
politische Parteien und Mandatar*innen eine zentrale Rolle bei der
Umsetzung, weshalb auch aus diesem Grund Zustimmung notwendig sei.
Positiv hob Kickert den partizipativen Prozess und die Einbindung der
Zivilgesellschaft hervor. Zugleich bemängelte sie jedoch, dass der
Fokus im Papier zu stark ausgeweitet worden sei. Es schmerze sie,
denn manche vorgestellten Instrumente seien gar keine echten
Beteiligungsinstrumente. Als Beispiel nannte sie den Schulbereich, wo
Schüler*innen etwa bei Sanierungen kaum Mitspracherecht hätten. Sie
äußerte die Sorge, dass die Stadt dadurch eine gewisse „Beliebigkeit“
zeige, was sie unter Demokratie verstehe. Die grüne Mandatarin
kritisierte außerdem, dass bestehende Qualitätsstandards schon jetzt
häufig nicht eingehalten würden. Ihr Wunsch sei daher, bereits
beschlossene Maßnahmen und Rahmenwerke – etwa den Masterplan für
Stadtentwicklung – konsequent umzusetzen. Darüber hinaus forderte sie
ein stärkeres Bekenntnis zu aktiver Transparenz. Die Gemeinderätin
habe mehrfach darauf hingewiesen, dass Informationen nicht immer dort
ankämen, wo sie gebraucht würden, und dass Datenbanken so gestaltet
werden sollten, dass auch engagierte Bürger*innen leichter Zugang
hätten. Kickert sprach sich zudem für eine engere Zusammenarbeit mit
der Wissenschaft aus, um Vertrauen in politische Prozesse zu stärken.
Dabei verwies sie auf neue demokratische Modelle wie Co-Voting,
flexible Mehrheiten oder KI-gestützte Abstimmungsprozesse, die
bereits wissenschaftlich erprobt würden. In diese Richtung wünsche
sie sich mehr Impulse für die Stadt. Mit Blick auf die von ihrer
Vorrednerin angesprochenen Projekte wie die Straßenbahnführung oder
die Praterstraße betonte die grüne Abgeordnete, dass es bei großen
Vorhaben immer sowohl Anliegen direkt Betroffener als auch
übergeordnete stadtpolitische Ziele gebe. Zum Petitionswesen erklärte
sie, dieses sei kein echtes demokratisches Instrument, da es weder
Mitbestimmung noch Mitentscheidung ermögliche. Es könne daher nicht
als Beleg dafür gelten, dass Beteiligung in Wien besonders gut
funktioniere. Abschließend bedankte sich Kickert bei allen, die an
der Erarbeitung der Strategie beteiligt waren. Eine Ablehnung durch
die Opposition halte sie für falsch, da es hier um Verantwortung
gehe. Die Zustimmung der Grünen erfolge in der Hoffnung, dass künftig
ein stärkerer Dialog mit den Menschen und ihren Anliegen geführt
werde, so Kickert abschließend.
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) äußerte die Vermutung, dass das Thema
Demokratie lediglich dazu diene, von der aktuellen Budgetdebatte
abzulenken. Er stellte die Frage, was unter Demokratie eigentlich
verstanden werde, und betonte, dass Demokratie „Herrschaft des
Volkes“ bedeute. Hingegen, so Nepp, bedeute es „nicht das
Eintrichtern eines bestimmten Wertekodexes in Schulen“. Das, was hier
präsentiert werde, sei aus seiner Sicht „Sozialismus“: Die Stadt
nehme den Menschen zuerst Geld weg, um es dann zu verteilen, anstatt
ihnen Freiheit zu lassen. Auch das sei für ihn ein Teil von
Demokratie, so Nepp. Zur vermeintlichen Aushöhlung der Demokratie
meinte der FPÖ-Mandatar, es bringe nichts, Menschen nach Österreich
zu holen, die aus Regionen stammten, in denen Demokratie und
Gleichberechtigung nicht verankert seien. Man könne die Demokratie
hierzulande nicht dadurch retten, dass man diese Menschen
„durchfüttere“. Nepp warnte zudem vor Entwicklungen, bei denen
Oppositionelle von demokratischen Wahlen ausgeschlossen würden. Als
Beispiel nannte er eine Wahl im deutschen Ludwigshafen, bei der ein
AfD-Kandidat von der Oberbürgermeisterwahl ausgeschlossen worden sei.
Die Folge war, dass die Wahlbeteiligung auf 29 Prozent gesunken sei.
So etwas, sagte Nepp, führe letztlich zur Abschaffung der Demokratie.
Der Abgeordnete erinnerte außerdem an die sogenannte „Wiener Charta“,
ein früheres Konzept mit ähnlicher Zielsetzung, aus dem jedoch
„nichts geworden“ sei. Die Situation im Zusammenleben sei seiner
Ansicht nach heute schlechter als 2015, was er vor allem auf
Zuwanderung aus dem arabischen Raum zurückführte. Viele der
Zugewanderten wollten, so Nepp, „nicht mit uns zusammenleben“.
Abschließenderklärte der Gemeinderat, die „Politik der offenen
Grenzen“ schade der Demokratie und trage zu deren Abbau bei. Sein
Appell laute deshalb, diese Vorgehensweise zu beenden. „Nur so kann
die Demokratie verteidigt werden“, sagte Nepp zum Abschluss.
GRin Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ) betonte, dass Demokratie die
aktive Mitwirkung der Abgeordneten ebenso brauche wie jene der
Menschen, die in der Stadt leben und Teil der Gesellschaft seien. Es
gebe unterschiedliche Möglichkeiten, sich einzubringen, doch die
Demokratie stehe ihrer Ansicht nach global zunehmend unter Druck. Sie
habe sich zwar stets weiterentwickelt, erlebe aber immer wieder
Rückschläge. „Unsere Demokratie ist nicht perfekt“, sagte die SPÖ-
Mandatarin. Manche Menschen dürften aus verschiedenen Gründen nicht
wählen, andere wiederum entschieden sich bewusst dagegen. Umso mehr
freue sie sich über jede Person, die sich beteilige. Abrahamczik
stellte die Frage, wer sich nicht einbringe und warum. Gründe dafür
könnten etwa fehlende Zeit oder eingeschränkte Mobilität sein. Sie
betonte, es sei wichtig, auch Orte zu schaffen, an denen Beteiligung
ohne Hürden möglich sei, und zu prüfen, „wo wir Menschen aufsuchend
beteiligen können“. Die Gemeinderätin regte weiters an, bestehende
Prozesse zu hinterfragen und zu überlegen, wie man diese verbessern
könne. Menschen hätten unterschiedliche Bedürfnisse, daher brauche es
Räume, in denen Interessierte erfahren könnten, was andere sich
wünschten. Besonders brauche es „Empathie“ in der politischen
Diskussion, um gemeinsame und tragfähige Lösungen für möglichst viele
Menschen zu ermöglichen. Zur Kritik, der Fokus der Strategie sei zu
weit gefasst, meinte die Mandatarin, dass Demokratie in alle
Lebensbereiche integriert werden solle. Sie verwies darauf, dass die
Strategie die Erarbeitung messbarer Ziele und ein begleitendes
Monitoring vorsehe. Den Vorwurf der FPÖ, die Enquete diene der
Ablenkung von der Budgetdebatte, wies sie zurück und erklärte, die
Diskussion sei bereits länger geplant gewesen. Mit Blick auf die
internationale Entwicklung mahnte Abrahamczik, dass die Demokratie
weltweit unter Druck stehe und insbesondere Frauen häufig vom
schrittweisen Abbau von Rechten betroffen seien. Das bereite ihr
Sorgen. Sie rief deshalb dazu auf, Warnsignale ernst zu nehmen und
Räume für Diskussion und Kompromisse zu schaffen. Abschließend
appellierte sie an eine respektvolle Diskussionskultur im Gemeinderat
und erinnerte, in Anlehnung an ein Zitat der ehemaligen
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, daran, dass Demokratie immer
vom „Willen zum Kompromiss“ lebe. (Forts.) kri